Das wiederentdeckte Bestiarium im Kreis Höxter und Umgebung
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Das wiederentdeckte Bestiarium
Ein Bestiarium versteht sich i.A. als mittelalterliche Darstellung von Tieren und Fabelwesen, denen vermutete oder tatsächliche Eigenschaften zugeordnet werden. Mit ihrer meist allegorischen Darstellungsart wird der Versuch unternommen, indirekt oder stellvertretend auf das Wesentliche hinzuweisen. Bestiarien waren zudem in der christlichen Heilslehre weit verbreitet. -
Bestiarien in überdimensionaler, bisher unbekannter Größe?
Um es gleich vorwegzunehmen: Bestiarien sind in ihrer Größe bisher als Buch- bzw. Papierdarstellungen, Wandgemälde oder auch kunstvoll geknüpfte Teppiche in Größen von einigen Zentimetern bis wenigen Metern bekannt.
Der Kreis Höxter verfügt über Bestiarien in Größen von wenigen Hundert Metern bis an die 20 Kilometergrenze heran. Ein bisher unbekannter Kulturschatz ungeahnten Ausmaßes! -
Zu den Fakten
Es handelt sich dabei um die Grenzlinien der Dörfer, Gemeinden und Städte, die in der Landschaft von oben betrachtet auf abstrakte bis reale Bildnisse zurückzuführen sind. Dabei wurden topografische Besonderheiten ebenso in die Grenzlinienführung einbezogen wie ausdrücklich ausgespart, um einen beabsichtigten Darstellungseffekt zu erreichen.
Die alten Gemarkungsgrenzen als reines Zufallsprodukt oder landschaftlich bedingt angeordnet zu betrachten, wäre der Angelegenheit absolut unwürdig.
Die sich dadurch ergebenden Landschaftsbilder (Bestiarien) sind nahezu sicher ein Produkt der Romanik, also ca. 900 Jahre (+/-) alt.
Die Darstellungen lassen auf sehr viel frühere (geschichtliche) Ereignisse schließen, sofern sie erkannt und in ihrer Komplexität verstanden werden.
Sie erfüllen sodann ihren Zweck als indirekten Hinweis auf Vergangenes wie für die Zukunft, da dies zur Kernaussage eines Bestiariums gehört. -
Die Entdeckung
Im Rahmen der Ausübung meiner beruflichen Tätigkeiten stehen häufig ingenieurmäßige Planungen für Brückenbauwerke an. Die Grundlagenforschung an historischen Projekten führt dann irgendwann zum Gang in die Archive zwecks Datenbeschaffung.
Die ältesten und gleichfalls flächendeckendsten Kartenbestände im Kreis Höxter stammen aus der Zeit um 1828/29 (sogenannte preußischen Urvermessung).
Die Urkarten besitzen einen außergewöhnlichen Inhalt, da sie vor den großen Flurbereinigungen im 19. und 20. Jahrhundert erstellt wurden. Darüber hinaus handelt es sich um Grundrisse bzw. Draufsichten, somit nicht mehr um ganz- oder halbperspektivische Darstellungen, wie sie noch im 17. und 18. Jhd. praktiziert wurden. Die Urkarten wurden in diversen Maßstäben angefertigt: Kreiskarten, Gemeindekarten sowie Karten einzelner Ortslagen lassen sich darunter finden.
Die Besonderheiten des Kartenmaterials ließen sich nach geraumer Zeit nicht mehr als Zufallsprodukt erklären! Viele Details zeugen von einer nicht für möglich gehaltenen geodätischen Ingenieurskunst, deren Entstehungsgeschichte gleichsam neue Rätsel aufgibt und keineswegs Alleinstellungsmerkmale besitzt.
Es handelt sich zudem um ein bisher nicht erkanntes historisches Quellenmaterial, deren Verfasser erstmals nicht Kriegsgegner / Besatzer (Römer, Franken etc.) waren, sondern höchstwahrscheinlich einheimische Personenkreise.
Die Fähigkeiten der Gelehrten während des Mittelalters in der hier präsentierten Form als wissenschaftlich nicht bewiesen oder unzutreffend abzuurteilen, widerspräche ihrem Leistungsvermögen eklatant und würde ihrem Können keineswegs gerecht.
An dieser Stelle sei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kreisverwaltung Höxter für die Unterstützung zur Einsichtnahme in alte Kartenbestände gedankt. -
So viel ist sicher
Das Bestiarium handelt um eine tatsächlich stattgefundene historische Begebenheit.
Es hat vermutlich weder etwas mit der Varusschlacht noch Karl dem Großen gemein.
Die Figurationen im Bestiarium lassen Lauf- bzw. Marschwege erkennen, es ist nicht zuletzt eine Kriegsberichterstattung.
Die Flurnamen sowie die vielen Heiligenhäuschen/Gedenkstätten an den Wegesrändern geben entscheidende Hinweise.
Die Entschlüsselung der Orts- und Flurnamen nach neuesten Erkenntnissen präsentiert ein in sich zusammenpassendes Gesamtbild zum Bestiarium.
Eine rege Diskussion über das Bestiarium im Kreis (Hog-Stair) Höxter wäre wünschenswert (wie gesagt: objektiv, frei und unabhängig).
An die Ortsheimatpfleger / Chronisten / Ehrenamtlichen und Interessierten im Dienste der historischen Aufarbeitung stehenden Personen:
Es werden Kartenmaterialien alter Orts- und Flurnamen benötigt, um das Gesamtbild zu vervollständigen. Hier insbesondere Unterlagen aus den Kreisen HX/WAR, LIP, PB, HOL. Über Zusendungen würde ich mich sehr freuen.
Vielen Dank für das entgegengebrachte Interesse.
Dipl.-Ing. M. Sprenger, Altenbeken
(Kreis Höxter: Geodatennutzungserlaubnis gem. Nr. 51-B1-624/14)